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C. de Silva

Krankenpfleger, Pflegedienstleiter, Pflegewissenschaftler (MScN)

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Projekteinsatz in Sibirien 1998

Aufbauend auf dem Projekteinsatz vom Sommer 1997 (siehe Details dort), fand nur sechs Monate später eine weitere Projektaktivität statt. In diesem Einsatz, der in der Zeit vom 19.03.98 bis 17.04.98 stattgefunden hat, wurde der Schwerpunkt auf die Unterstützung der Berufsschule PU-30 in Jarovoje

Logistisch wurden wir in Deutschland von EPOS Health Consultans (Dank an Frau Hanser) und in Sibirien von den Mitarbeitern der Entwicklungsgesellschaft Halbstadt unterstützt. Die durchgeführte Aktivität knüpfte an die Unterstützungsmaßnahme 1997 an (PN.: 96.9004.3 - 001.21 / de Silva-Halek-Schnepp). In einem ersten Schritt wurde 1997 eine Ist-Erhebung zur Betreuungs- und Pflegesituation von älteren Menschen im Deutschen Nationalen Rayon (DNR) und den angrenzenden Rayons durchgeführt. Zusammenfassend seien an dieser Stelle die Ergebnisse noch einmal dargestellt:

Die Ergebnisse dieser Ist-Erhebung waren 1997 die Grundlage für die weiteren Projektschritte. 1997 wurde an der Berufsschule PU-30 in Jarovoje eine Maßnahme zur Entwicklung eines Curriculums und die Durchführung eines Lehrganges für "sozialnie rabotniki" (Sozialhelferinnen) realisiert.


Projektauftrag

Für 1998 wurde darauf als Folgemaßnahme eine Fortbildung für medizinisches Personal (Krankenschwestern) sowie von Multiplikatoren (Lehrkräfte) vorgesehen. Daraus abgeleitet ergaben sich folgende Teilaufgaben:

Projektteam/Projektzeit

Projektschritte (grafische Darstellung)


Seminar für die Lehrkräfte oder "Training on the job"

Ein Hauptanliegen in diesem Projekt sollte die Unterstützung der zuständigen Lehrkräfte der Berufsschule PU-30 sein. Insbesondere bei der Planung und Durchführung pflegespezifischer Fortbildungsveranstaltungen im Bereich der Erwachsenenbildung. Um hier einen Entwicklungsprozess anzustoßen, wurde ein Verfahren gewählt, das berufsbezogene Lernaktivitäten in der Pflegeaus-/ und Fortbildung für Lehrer und Lernende bewusster macht und qualitätsfördernd unterstützt. Methodisch wurde nach dem Konzept "Training on the job" vorgegangen. Dies Konzept setzt sich aus den Schritten Analyse - Schulung - Beratung - Entwicklung zusammen und ist eng an die direkte Berufssituation gebunden.

Analyse

Eine Berufsschule (PU) soll die Verantwortung für eine zeitgemäße berufliche Ausbildung sicherstellen. Eine zukunftsorientierte Berufsschule kann darüber hinaus auch Aufgaben in der beruflichen Weiterbildung übernehmen. Die Orientierung erfolgt dabei an vorhandenen Ausbildungsgesetzten (oder Bestimmungen) und an den Gegebenheiten in dem jeweiligen Berufsfeld. Der Erfolgsgarant dabei: Berufliche (Weiter-) Bildung muss immer praxisorientiert sein. Als zukünftige Einnahmequelle kommt die Durchführung zahlreicher eigener Seminare und Lehrgänge für die Zielgruppe "beruflich Pflegende", als Entwicklungsperspektive für die PU-30 in Frage. Zielgerichtete, auf Problemlösungen der Praxis ausgerichtete Seminarinhalte, bieten geeignete Entwicklungsmöglichkeiten auf einem zukünftigen Bildungsmarkt.

Eine zentrale Frage für die Berufsschule PU-30 wird sein: "Wie kann man zukünftig im größeren Maße als bisher, anspruchsvolle Fort- und Weiterbildungsleistungen für Pflegende anbieten?".

Dazu gehört sicherlich die gezielte Vorbereitung der entsprechenden Dozenten/Trainer. Nur entsprechend geschultes Lehrpersonal wird in der Lage sein, die pflegefachlichen Inhalte mit Genauigkeit zu bestimmen, die für die berufliche Weiterbildung wesentlich und bedeutsam sind. Nur so kann den Weiterzubildenden das angeboten werden, was ihnen an ihrem Arbeitsplatz hilft, die eigenen Aufgaben und Probleme selbst zu meistern. Da die Lehrerinnen der Berufsschule PU-30 bisher aussschließlich im Bereich der beruflichen Grundausbildung tätig gewesen sind, sich Seminare und Fortbildungen aber an im Berufsfeld (langjährig) Tätige richten, sind auch Fragen zur Methodik und Didaktik in der Erwachsenenbildung aufzuarbeiten.

Gerade für die berufliche Fort- und Weiterbildung sollte für die TeilnehmerInnen von Seminaren/Lehrgängen themengebundenes Seminarmaterial angeboten werden. Dies ist von den Lehrkräften zu erarbeiten / zu konzipieren. Dies scheint insbesondere deswegen angebracht, da es zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf dem russischen Markt (fast) keine entsprechenden Bücher / Fachzeitschriften mit einem Pflegefocus gibt.

Darüber hinaus sollte die PU-30 über entsprechende Literatur / Medien verfügen und Anschauungsmittel und Übungsraum mit entsprechender Ausstattung vorhalten. Die Ausstattung des Übungsraumes sollte sich an den Realitäten im Arbeitsalltag der "sozialnie rabotniki" (aber auch sonstiger Pflegenden) orientieren und von den Inhalten der Seminare / Lehrgänge abhängen. Dabei sollte auf Materialien zurückgegriffen werden, die eine möglichst realistische Übungssituation zulassen.

Schulung / Seminaraufbau /-Ablauf

Das Seminar 1 richtete sich an die 4 Lehrerinnen, die in der PU-30 für die Ausbildung der "sozialnie rabotniki" zuständig sind und die auch für die Durchführung/Betreuung von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen im pflegerischen Berufsfeld zuständig sein werden. Durch die begrenzte Teilnehmerzahl war ein sehr intensives Kompaktseminar mit individueller Beratung und Unterweisung möglich. Da die Lehrerinnen teilweise auch in die Organisation von zukünftigen Bildungsveranstaltungen einbezogen werden sollten, wurden Seminarinhalte auch darauf ausgerichtet.

Auf Dauer überzeugt nur Qualität. Dies gilt auch für die Durchführung von Bildungsangeboten. Vor allem komplexe Lehrgänge (2-4 Wochen) und spezielle Tagesseminare (1-5 Tage) erfordern eine professionelle Vorgehensweise der Bildungseinrichtung. Aus diesem Grund wurde mit den Teilehmerinnen eine Checkliste für Planer und Organisatoren von Seminaren erarbeitet. Diese Checkliste umfasste die Teilbereiche Organisation, Ausstattung, Personal und "Ziele-Inhalte-Methoden". Die im Seminar erarbeiteten Positionen (ca. 25) können der PU-30 bei der Durchführung zukünftiger Weiterbildungsangebote helfen. Sie können genutzt werden, um das Vorgehen von Dozenten und Organisatoren bei der Planung und Durchführung von Weiterbildungsangeboten zu systematisieren, zu kontrollieren und ggf. zu revidieren. Bei entsprechender Ausgestaltung vor Ort dienen sie der Qualitätssicherung und der Qualitätskontrolle.

In einem weiteren Schritt wurden mit den Lehrerinnen die für das Berufsfeld "Pflege" wichtigen Schlüsselqualifikationen näher betrachtet. Es geht dabei um die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die der einzelne berufstätige Pflegende braucht, um in seiner realen Berufswelt auf bestimmte pflegerelevante Ereignisse / Phänomene entsprechend reagieren zu können. Anhand der in der Projektregion vorgefundenen pflegerischen Problemfelder, wurden zu den Bereichen Fachkompetenz, Methodenkompetenz und Sozialkompetenz entsprechende Detailierungen mit den Berufsschullehrerinnen vorgenommen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt behandelte das Lernen und die Lernmotivation. Dabei wurde Lernen als komplexer Prozess des Erwerbs von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten begriffen. Im Seminar ging es u.a. um die Frage, wie man gezielt steuern kann bzw. durch welche Einflussnahme der Lernprozess verbessert werden kann. Mit den Lehrkräften zusammen wurden insbesondere die zu beeinflussenden Aspekte Lernort und Lernklima, die Interaktionsbedingungen und die Gestaltung des Lernablaufs betrachtet und die zu beeinflussenden Variablen näher definiert.

Da ein großer Teil der Unterrichtsinhalte auf praktische Berufssituationen / den Berufsalltag von Pflegenden Bezug nimmt, wurde mit den Teilnehmerinnen auch das Thema "Gestaltung von Lernprozessen" bearbeitet. Da sich alle Teilnehmerinnen zukünftiger Fort- und Weiterbildungen in der Praxis befinden, muss auf die Erfahrungen dieser Teilnehmerinnen aufgebaut werden. Es sind die Meinungen / Einschätzungen der Betroffenen gefragt. Hier gilt es Verbindungen zu schaffen zu den Lehrgangsinhalten. Von den Lehrerinnen wurde schnell erkannt, dass das Prinzip Übung zum zentralen methodischen Prinzip werden muss. Eine Verbindung zu den Lehrgangsinhalten kann darüber hinaus durch Planspiele, Rollenspiele oder evtl. durch Fallstudien/Fallprojekte hergestellt werden. Übungen hierzu wurden mit den Lehrerinnen durchgeführt.

Da man in der Ausführung beruflicher Pflege(handlungen) zwischen Anleitung, Unterstützung und Übernahme unterscheiden kann, wurde mit den Lehrerinnen die Abstufung und Differenzierung professioneller Hilfestellungen in der Pflege entsprechend diskutiert. Dies soll den Lehrerinnen helfen, entsprechende Lern-/ Übungssequenzen zu verschiedenen pflegepraktischen Bereichen zu strukturieren und zu erarbeiten. Den Lehrerinnen wurde somit auch noch einmal vor Augen geführt, wie breit das Feld möglicher pflegerischer Interventionen ist.

Beratung

Neben dem Seminarangebot stand die Beratung für die Durchführung pflegespezifischer Fortbildungsveranstaltungen in der Erwachsenenbildung. Für den weiteren Verlauf war es wichtig zu erfahren, inwieweit das letztjährige Seminar die Lehrtätigkeit der PU-30 Dozenten in ihrer normalen Berufstätigkeit beeinflusst hat. Die Rückfrage bei den Lehrerinnen ergab, dass sie nach Abschluss der letztjährigen Maßnahme den Versuch unternommen haben, verschiedene pflegerische Seminarinhalte in die laufende Ausbildung "sozialnie rabotniki" zu integrieren. Die Lehrer berichteten, dass die ausgewählten Lerninhalte der Problemlösung in der Praxis der sozialnie rabotniki entsprechen. Dies konnte auch durch Besuche der Dozenten in den Praxisfeldern bestätigt werden.

Bezogen auf zukünftige Veranstaltungen im Bereich der Erwachsenenbildung wurde von den Lehrerinnen der PU-30 als besonders problematisch gesehen, dass die Zielgruppen (sozianie rabotniki, Krankenschwester, sonstige Pflegende) oft über langjährige Erfahrungen im pflegerischen Handlungsfeld und somit über einen differenzierteren beruflichen Hintergrund als die Lehrkräfte verfügen. An dieser Stelle sei noch einmal betont, dass keine der Lehrerinnen der PU-30 Praxiserfahrung in der beruflichen Pflege hat - alle stammten aus ganz anderen Berufsfeldern. Daraus leiteten sich die Wünsche der Lehrerinnen ab, pflegerisches Wissen zu vertiefen. Des weiteren ging es für die Lehrerinnen um die Frage, wie man die vielfältigen Praxiserfahrungen zukünftiger Fortbildungsteilnehmerinnen als festen Bestandteil in laufende Unterrichte integrieren kann. Daraus entstand die Idee / der Vorschlag, die vier Lehrerinnen in die Gestaltung des Seminar 2 aktiv einzubeziehen. Jede der Lehrerinnen sollte ein bestimmtes Themengebiet nach Wahl vorbereiten und gemeinsam mit der betreuenden Kurzzeitfachkraft (de Silva / Halek) im Seminar gestalten. Dazu war im Vorfeld eine individuelle Beratung notwendig. Dabei ging es um die Auswahl des Themas, die Absprache der inhaltlichen Schwerpunkte, die Bestimmung der Lernziele, um das geeignete methodische Vorgehen und das Einüben der evtl. anfallenden praktischen Anteile.

Entwicklung

Um den Wissensstand der Lehrkräfte hinsichtlich der praktischen Fertigkeiten und dem dazu gehörigen theoretischen Hintergrundswissen besser einschätzen zu können, wurden an einem der Seminartage von den 4 Lehrerinnen die praktischen Übungen aus dem letzten Jahr wiederholt. Aus den Ergebnissen dieser Präsentation wurde das weitere Vorgehen im Seminar 1 abgeleitet und die gemeinsamen Seminaraktivitäten für das Seminar 2 geplant. Jede der Lehrerinnen bekam für das Seminar 2 die Aufgabe, eine Seminareinheit zu übernehmen. In der Vorbereitungsphase standen wir für offene Fragen und Anregungen zur Verfügung. In dieser Phase wurden auch die Möglichkeiten einer aktiven Einbeziehung der Seminarteilnehmerinnen durch Gruppenarbeiten und mittels Selbsterfahrungsübungen diskutiert.

Auswertung des Lehrer-Seminars

Wie wichtig ein Seminarangebot für die Lehrerinnen an der PU-30 war, ließ sich an den Rückmeldungen der Lehrkräfte zu den behandelten Seminarthemen erkennen. Es gibt einen erheblichen Nachholbedarf zu Aspekten der Erwachsenenbildung. Hier sei noch einmal explizit der Bereich Methodik/Didaktik für das pflegerische Berufsfeld genannt.

Darüber hinaus stellte es die Lehrerinnen vor erhebliche Probleme in einem Ausbildungs- und Schulungsbereich tätig zu sein, indem sie selbst über keine eigene Praxiserfahrung verfügen. Gerade die eingeschränkten Möglichkeiten für einen Theorie-Praxis-Transfer ist hier als Hauptproblem zu nennen.

Hervorzuheben ist das große Engagement der 4 Lehrerinnen und die von ihnen gezeigte Initiative, sich in diesem Tätigkeitsfeld einzuarbeiten. Es ist davon auszugehen, dass bei zusätzlichen und gezielten Schulungsangeboten für diese Lehrkräfte, eine entsprechende Grundlage für die eigenständige Fortführung von Bildungsangeboten in diesem Feld gelegt werden kann.

Für eine weitere Entwicklung / einen Ausbau der Seminarangebote ist es notwendig, den Lehrkräften Zugang zu spezieller Fachliteratur und ggf. auch Medien (Videolehrfilme, Dia-Serien, Overheadfolien) zu ermöglichen. Die von uns und den Lehrerinnen vor Ort erarbeiteten Unterrichtsmaterialien reichen nicht aus, um die pflegerischen Problemfelder in ihrer Komplexität ausführlich aufbereiten und darstellen zu können.


Das Seminar für Pflegende / Seminar 2

Das Seminar fand ebenfalls in der Berufsschule PU-30 in Jarovoje statt. Entgegen den ersten Informationen, nahmen an diesem Seminar keine "sozialnie rabotniki" oder Vertreter von Sozialämtern teil. Die Zielgruppe waren praktisch tätige Krankenschwestern /-Pfleger aus stationären Altenhilfeeinrichtungen. Insgesamt nahmen 30 Personen an dem Seminar teil.

Für das Seminar bildeten sich (analog zum Seminar im Sommer 1997) zwei inhaltliche Themenkomplexe heraus. Einer der Schwerpunkte war die Heruasarbeitung der Themenbereiche, die den rahmen für die berufsmäßig ausgeführte Pflege bilden. Der zweite Schwerpunkt lag in der Vermittlung von aktuellem, pflegefachlichen Grundlagenwissen.

Seminaraufbau /-Ablauf

Den Einstieg in das Seminar bildete die Reflexion der aktuellen gesellschaftlichen Veränderungsprozesse und deren spürbare Auswirkungen auf das Arbeitsfeld der Gesundheits- und Sozialberufe. Da die berufliche Auseinandersetzung mit "Pflege" bisher eher ein Schattendasein führt (Stichwort: Grauzone), war es ein wichtiger Seminarinhalt, genau diese pflegerischen Tätigkeiten mit den Seminarteilnehmerinnen näher zu definieren und vor allen Dingen den Begriff "Pflege" als berufliches Handlungsfeld zu (er)klären.

Die Orientierung bei der Erarbeitung der pflegefachlichen Seminarinhalte erfolgte an dem bedürfnisorientierten Modell der Lebensaktivitäten in Verbindung mit dem Problemlösungsprozess, der auch von der WHO zur Beschreibung der berufsmäßig ausgeführten Pflege benutzt wird. Folgende Seminarthemen wurden bearbeitet:

Auswertung des Seminars

Die Zielgruppe des Seminars waren Krankenschwestern, die nicht unbedingt direkt am Patienten tätig sind. An dieser Stelle ist zu bemerken, dass die Ausbildung der Krankenschwestern in Russland sehr stark an die Arztassistenz gebunden ist und vor allem eine medizinisch-technische Ausrichtung hat. Für die direkten pflegerischen Handlungen am Patienten sind oftmals Familienmitglieder oder Hilfskräfte zuständig. Daraus ergab sich am Anfang des Seminars eine distanzierte Haltung gegenüber den angesprochenen pflegerischen Themen. Erst im Laufe des Seminars wurde den Teilnehmerinnen die Bedeutung einer gezielten und fachlich fundierten pflegerischen Intervention deutlich. Auch die immer wieder aufgezeigte Patienten-/ Bewohnerorientierung bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Bedürfnisse der Pflegenden (z.B. rückenschonendes Arbeiten), wurde von den Teilnehmerinnen als eine neue Sichtweise im Berufshandeln positiv empfunden. Von allen Teilnehmerinnen wurde am Ende des Seminars die Notwendigkeit der Fort- und Weiterbildung für diesen Bereich bestätigt und darüber hinaus eine Ergänzung in der Ausbildung gewünscht.

Als sehr vorteilhaft in dem Lernprozess wurde von den Teilnehmerinnen die Verbindung zwischen theoretischen und praktischen Seminarinhalten empfunden. Hierzu ist kritisch anzumerken, dass durch die (zu) hohe Teilnehmerzahl von 30 Personen, eine intensive Einübung praktischer Fertigkeiten nur begrenzt möglich war.

Der Ablauf / die Struktur des Seminar 2 wurde stark durch die Verkürzung der Seminarzeit von 3 auf 2 Wochen bestimmt. Dies erfolgte in Abweichung zu der im Vorfeld festgelegten / anvisierten Seminardauer und ohne vorherige Absprache mit uns. Als Folge konnten einige Fortbildungsthemen nicht bearbeitet werden und der Spielraum, Wünsche der Teilnehmerinnen zu berücksichtigen, wurde auf ein Minimum reduziert. Dies konnte auch nicht durch die Miteinbeziehung des Samstages in die Unterrichtsplanung kompensiert werden.

Positiv zu werten war die Zusammenarbeit mit den externen Dozenten. Dadurch fand eine zusätzliche Praxis-Theorie Vernetzung zu bestimmten Fragen/Problemen der Altenhilfe statt. Hier spielte der Erfahrungsaustausch eine große Rolle.

Als problematisch ist anzumerken, dass entgegen der vorher getroffenen Absprache, die Verantwortlichen in der Administration der Berufsschule PU-30 nicht in der Lage waren, die zeitlichen und organisatorischen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um den vier Lehrkräften die komplette Teilnahme am Seminar 2 zu ermöglichen. Dies hätte zur Wiederholung / zur Ergänzung der pflegefachlichen Inhalte dienen können und hätte andererseits den Lehrerinnen die Möglichkeit eröffnet, Unklarheiten und Verständnisprobleme erörtern zu können. Dies ist um so bedauerlicher, da die Lehrkräfte mehrmals den Bedarf an einer Vertiefung pflegerischen Wissens bestätigten.


Zusammenfassung

Die sich wandelnden Pflege- und Betreuungsverhältnisse in Russland und die stärkere Verlagerung von Pflege- und Betreuungssituationen auf beruflich Pflegende im häuslichen Bereich, den Veteranen- und Altenheimen und den Krankenhäusern, erfordert für diese Personengruppen eine entsprechende berufliche Weiterqualifizierung (die bisher nicht möglich ist!). Für die Berufsschule PU-30 in jarovoje ergeben sich daraus zwei zentrale Entwicklungsperspektiven:

  1. Neben der Neukonzeption der Ausbildung "sozialnie rabotniki" mit einem entsprechenden veränderten Curriculum,
  2. lässt sich ein zusätzlicher Schulungsbedarf für nicht entsprechend ausgebildete Personen in den o.g. Tätigkeitsfeldern ableiten.

Aufgrund der im Seminar gemachten Erfahrungen gehören dazu auch Krankenschwestern. Dem Bedarf folgend, können entsprechende Bildungsangebote in Form von Lehrgängen (2-4 Wochen) oder Seminaren (1-5 Tage) in Modulbauweise aufgebaut und angeboten werden. Ziel muss es sein, diesen Personengruppen die kompetente Beherrschung von Schlüsselqualifikationen für ihr jeweiliges Berufsfeld zu vermitteln.

Grundvoraussetzung hierfür ist aber eine entsprechende Qualifikation der zuständigen Lehrkräfte der PU-30. Nur entsprechend qualifizierte Lehrkräfte (pflegefachlich und methodisch/didaktisch) werden den Anforderungen gerecht werden können. Nur so kann dem Ziel, einer am Bedarf orientierten beruflichen Fort- und Weiterbildung für den Bereich der ambulanten/stationären Altenhilfe, auf Dauer entsprochen werden. Zentrales Anliegen muss es sein, die Qualität der pflegerischen Aus- und Fortbildung am Bedarf im jeweiligen Praxisfeld (der Sozialhelferinnen, der Krankenschwestern, etc.) auszurichten. Die Verantwortlichen der PU-30 (Administration und Lehrkräfte) müssen gleichzeitig die Bereitschaft entwickeln, jederzeit die kontinuierliche Weiterentwicklung der curricularen Vorgaben zuzulassen. Eine kontinuierliche, vom Lernenden mitbestimmte Fortschreibung des Lernprozesses und von der sich verändernden Praxis, sollte strukturelles Merkmal der Curricula sein.

Für die Entwicklung der Berufsschule PU-30 auf einem (langsam) entstehenden Markt für berufliche Fort- und Weiterbildung ist auch die Frage zu klären, inwieweit bzw. wie die PU-30 die Bereitschaft zur (Weiter-) Bildung selbst über informelle bzw. formelle Kontakte begünstigen kann. Denkbar erscheint eine enge Zusammenarbeit mit Sozialämtern und Altenhilfeeinrichtungen in der gesamten Region. Da auch für Krankenschwestern erhebliche Defizite im pflegefachlichen Bereich festgestellt werden konnten, könnte eine entsprechendes Schulungsangebot auch an Kliniken gerichtet werden.

Problemhinweis(e)


Rayons - am ehesten zu vergleichen mit Landkreisen

"sozialnie rabotniki" - nicht zu vergleichen mit SozialarbeiterInnen in der Bundesrepublik, eher vergleichbar mit Dorfhelferinnen